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Flörsheimer DRK beklagt Verstöße in Leitstelle

Frankfurter Neue Presse, 14. Januar 2016, www.fnp.de  

Flörsheim. Bei der Versorgung in Notfallsituationen zählt jede Sekunde. Wer den Notruf wählt, weil er selbst oder ein Angehöriger dringend Hilfe benötigt, der erwartet, dass ein Rettungswagen auf schnellstmöglichem Weg zu ihm geschickt wird. Das ist auch im Rettungsdienstplan des Landes und im Bereichsplan für den Main-Taunus-Kreis festgeschrieben. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Flörsheim prangert jedoch Verstöße an: Bereitschaftsleiter Franz-Josef Eckert kritisiert, dass die Leitstelle in Hofheim sich nicht immer an die vorgegebene Strategie halte. „Die Flörsheimer DRKler sind verärgert“, so Eckert.

Die geltende Herangehensweise in Notfällen wird als „Nächstes-Fahrzeug-Strategie“ bezeichnet. „Bei einem Notfall ist grundsätzlich das dem Notfallort zeitlich nächst befindlich geeignete Rettungsmittel einzusetzen“, heißt es dazu im Bereichsplan für den Rettungsdienst im Main-Taunus-Kreis. Das Flörsheimer DRK habe jedoch schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass es nicht zum Einsatzort geschickt werde, obwohl es am nächsten am Ausgangspunkt der Alarmierung ist, erklärt Frank-Josef Eckert.

Der Bereitschaftsleiter aus der Mainstadt verweist unter anderem auf einen Verkehrsunfall und eine Reanimation im November sowie einen Feuerwehreinsatz im Dezember. In allen drei Fällen habe der Flörsheimer Rettungswagen im „Status 1“ auf der Wache gestanden. Dieser Status bedeute, dass das Fahrzeug einsatzbereit und jederzeit über Funk abrufbar sei, erläutert Franz-Josef Eckert.

Mitarbeiter hören den Funk mit

Da das Flörsheimer DRK nicht täglich im Rettungsdienst aktiv ist, könne es vorkommen, dass der Wagen nicht sofort auf dem Monitor der Leitstelle in Hofheim angezeigt werde, räumt Eckert ein. Er weist aber darauf hin, dass seine Mitarbeiter während ihrer Bereitschaft den Funk mithören. Im Falle einer Alarmierung in der Nähe habe sich das DRK Flörsheim telefonisch bei der Leitstelle angeboten. Trotz dieser Meldung sei der Rettungswagen in den genannten Fällen nicht berücksichtigt worden.

Eckert hat kritische E-Mails an das Amt für Rettungswesen und Brandschutz geschickt und darin die „Nächstes-Fahrzeug-Strategie“ als „oberstes Ziel zum Wohle der Notfallpatienten“ hervorgehoben. Zunächst erhielt er die Rückmeldung, dass es aufgrund der derzeitigen Belastungssituation durch die Flüchtlinge noch nicht möglich gewesen sei, ihm zu antworten. Nach weiterem Nachhaken teilte man dem Flörsheimer dann mit, die Mitarbeiter der Leitstelle seien „bemüht, diese Strategie grundsätzlich anzuwenden.“ Durch die Vielzahl der Einsätze und Telefonate könne es vorkommen, dass die Strategie nicht immer vollständig berücksichtigt werde. Franz-Josef Eckert lässt dies allerdings nicht gelten: „Bemüht“ reiche nicht aus, so der DRK-Bereitschaftsleiter.

Aus dem Kreishaus wurde bestätigt, dass die „Nächstes-Fahrzeug-Strategie“ im Main-Taunus-Kreis gilt. Die Rettungswagen seien noch nicht mit GPS-Sendern ausgestattet, wodurch die Position der Fahrzeuge im konkreten Notfall für die Leitstelle „nicht immer ausreichend transparent“ sei. Pressesprecher Johannes Latsch verweist auf eine Zahl von 35 000 Einsätzen im Jahr 2014. Dabei könne es vorkommen, dass auch mal ein entfernter stationiertes Fahrzeug eingesetzt werde.

Latsch kündigt an, dass die von Eckert genannten Beispiele vom eigenen Qualitätsmanagement beim Kreis aufgearbeitet werden. „Es wird daran gearbeitet, das exakte Verarbeiten von Informationen in der Leitstelle weiter zu verbessern“, so der Kreishaussprecher. Außerdem sollen Ortungssysteme zur Unterstützung der Mitarbeiter in der Leitstelle eingesetzt werden. Die ersten technischen Vorbereitungen im System seien angelaufen.

„Es ist allgemein anerkannt, dass eine schnelle Versorgung von Notfallpatienten gesundheitlichen Schaden abwenden oder minimieren kann“, bestätigt Latsch. Er verweist jedoch auf das Fehlen von wissenschaftlichen Daten, die aufzeigen, welche Hilfefrist angemessen ist und ab wann es zu Schäden durch späteres Eintreffen der Helfer komme. In Hessen liege die vorgesehene Frist bis zum Eintreffen der Hilfe bei zehn Minuten. Da andere Bundesländer längere Intervalle vorsehen, sei ein Vergleich der bundesweiten Daten schwer möglich.

Es fehlen Vergleichswerte

Abweichungen von der vorgegebenen Frist werden vom Qualitätsmanagement beim Kreis kontrolliert, erläutert Johannes Latsch. Es sei aber nicht möglich, seriös festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Schäden und der Zeit zwischen dem Notruf und dem Eintreffen am Einsatzort gebe. „Es fehlen die Vergleichswerte.“ Schließlich habe es jeden Einsatz am spezifischen Ort mit dieser Diagnose und diesem Patienten nur einmal gegeben. „In der überwältigenden Zahl der Einsatzfälle werden die Hilfsfristen eingehalten“, sagt Latsch.

Um die Lage weiter zu verbessern, habe der Kreis zum 1. Januar den sogenannten Bereichsplan für den Rettungsdienst erneuert. Der Kreishaussprecher weist außerdem darauf hin, dass sich der Main-Taunus-Kreis bei den Leitlinien für den gesamten Einsatz vom Notruf bis zur Weiterbehandlung an der empfohlenen Zeit der Bundesärztekammer und medizinischer Fachgesellschaften orientiere. Demnach dürfe zwischen dem Eingehen des Notrufs und der Einweisung ins Krankenhaus maximal eine Stunde vergehen. Diese Frist halte der Rettungsdienst in mehr als 90 Prozent der Fälle ein. In vielen Fällen werde die Frist sogar deutlich unterschritten.

Franz-Josef Eckert ist dennoch genervt. Es gebe immer wieder Fälle, in denen die Leitstelle in Hofheim die Strategie nicht einhalte. „Es geht um Leben und Tod“, betont der Flörsheimer Bereitschaftsleiter. Außerdem sei es frustrierend und demotivierend für die Leute, die auf der Wache ihren Dienst leisten. Er habe absolutes Verständnis dafür, wenn das Flörsheimer DRK bei den Alarmierungen „mal durchrutsche“, sagt Eckert. Die Verstöße gegen die „Nächstes-Fahrzeug-Strategie“ gebe es aber permanent schon seit Jahren.

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